20 Jahre Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS)
Am 17. September 2025 feierte das APS in Berlin sein 20-jähriges Bestehen. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken und APS-Vorsitzende Dr. Ruth Hecker eröffneten die Jubiläumsveranstaltung und setzten gemeinsam ein starkes Zeichen für mehr Patientensicherheit.
Foto: Jana Legeler (Berlin)
Zwei Jahrzehnte für mehr Sicherheit im Gesundheitswesen
Mit der Jubiläumsveranstaltung „20 Jahre APS“ wurde die langjährige Arbeit des Aktionsbündnisses Patientensicherheit gewürdigt. Seit seiner Gründung hat das APS entscheidend dazu beigetragen, die Patientensicherheit in Deutschland zu einem zentralen Thema von Politik, Praxis und Wissenschaft zu machen.
Führende Vertreterinnen und Vertreter aus Gesundheitswesen, Forschung und Politik betonten die Bedeutung einer gelebten Sicherheitskultur, offener Kommunikation und der aktiven Einbindung von Patientinnen und Patienten. Gemeinsam wurde deutlich, dass Patientensicherheit kein einmal erreichter Zustand ist, sondern ein fortwährender Auftrag, der durch Wissen, Haltung und Zusammenarbeit getragen wird.
Im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung kamen zahlreiche Stimmen zu Wort, die die Entwicklung, die Erfolge und die zukünftigen Herausforderungen der Patientensicherheit beleuchteten.
Lesen Sie hier die zentralen Gedanken und Impulse, die das Jubiläum „20 Jahre APS“ geprägt haben:
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken
Patientensicherheit ist kein Zustand, den man einmal erreicht und dann abhakt, sie ist ein dauerhafter Auftrag und fortwährender Prozess.
Das APS bündelt Stimmen, die sonst zu selten zusammenkommen, und übersetzt wissenschaftliche Erkenntnisse in praktische Veränderungen. Damit leistet das APS einen bedeutenden Beitrag dazu, das Vertrauen der Bevölkerung in das Gesundheitswesen zu bestärken und zu bewahren.
Das APS nimmt in Deutschland eine einzigartige und unverzichtbare Rolle ein. Hier kommen medizinische und pflegerische Praxis, Versicherer, Leistungserbringer, Standesvertretungen und Wissenschaft an einem Ort zusammen, und zwar nicht, um Partikularinteressen zu vertreten, sondern um sich in den Dienst einer größeren Sache zu stellen: der Sicherheit der Patientinnen und Patienten.
Patientensicherheit geht alle an! In einer so vielfältigen Versorgungslandschaft wie der unseren sollte sich jede Institution, die im Gesundheitswesen Verantwortung trägt, dafür engagieren, ohne Ausnahme.
Patientensicherheit ist vor allem eine Frage der Haltung. Sie braucht Führung, Vorbilder und den Mut, über Fehler zu sprechen – in Klinken, Praxen und Pflegeeinrichtungen.
Leitlinien, Checklisten und digitale Tools müssen dort ankommen, wo sie gebraucht werden – bei den Teams am Bett, im OP, in der Hausarztpraxis und in der Apotheke.
Patientinnen und Patienten, Angehörige und Selbsthilfe sind Mitgestalter von Sicherheit. Ihre Perspektive gehört systematisch in Prozesse, Entscheidungen und Evaluationen.
APS-Vorstandsvorsitzende Dr. Ruth Hecker
Patientensicherheit ist heute weit mehr als die Checkliste oder die Prävention einer falschen Seite bei der Operation, das Sprechen über Fehler oder ein Fehlermeldesystem einfach einzuführen. Patientensicherheit ist ein zentrales, Vertrauen bildendes Merkmal unseres Gesundheitswesens. Sie ist zu einem verbindenden Thema über Berufs- und Systemgrenzen hinweg geworden.
Das APS ist heute eine anerkannte Stimme. Es ist die Plattform in Deutschland, die Verantwortungsträger zusammen bringt – unabhängig, multi-professionell, interkulturell und immer mit der klaren Mission, mutig und ehrlich über Risiken in der Versorgung zu sprechen und gemeinsam Kompromisse zu finden, die eine sichere Versorgung der Bevölkerung stärken. Das ist sehr schwer und wird immer schwerer, weil Eigeninteressen und ökonomische Risken und Interessen guten Ergebnissen für die Mitarbeitenden und die Patientinnen und Patienten häufig im Wege stehen.
Patientensicherheit heißt auch: Patient Empowerment! Sicherheit wird erst dann lebendig, wenn Patientinnen und Patienten ihre Stimme erheben, wenn sie nachfragen, wenn sie Teil der Behandlung sind, wenn Shared Decision Making Wirklichkeit wird.
Patientensicherheit ist ein politisches Thema, denn Patientensicherheit braucht klare Rahmenbedingungen und Verbindlichkeit. Sie muss in allen gesundheitspolitischen Entscheidungen mitgedacht werden. Patient Safety in all Health Policies!
Es fehlt manchmal der Mut, Patientensicherheit als weiteres Entscheidungskriterium wirklich ernst zu nehmen. Patientensicherheit als Entscheidungskriterium ernst zu nehmen, ist aber lohnenswert! Patientensicherheit ist keine Kostenstelle, es ist eher umgekehrt: Patientensicherheit könnte für die Solidargemeinschaft in Deutschland bis zu 60 Millionen Euro im Jahr sparen.
Patientensicherheit ist eine Investition in Qualität, in Vertrauen und in die Resilienz unseres Gesundheitssystems.
Wir müssen nicht nur aus Fehlern lernen, wir müssen auch hinschauen, was gut funktioniert und was gut funktioniert hat. Auch das zeigt, wie Sicherheit zuverlässig gestaltet werden kann.
Wir brauchen für die Zukunft mehr politische Verbindlichkeit – Patient Safety in all Health Policies – auf Grundlage einer mutigen Umsetzung eines Nationalen Aktionsplanes für Patientensicherheit. Dazu gehören
1. objektive Daten über Patientensicherheit, z.B. über das Projekt Patient Safety Indicator Bund, das vom Innovationsfond gefördert wird
2. ein modernes Patientenrecht, das eine offene Fehlerkultur ermöglicht, wie es z.B. in Dänemark durchgeführt wird
3. die kluge Nutzung von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz, damit Technik nützt, statt neue Risiken zu schaffen
Patient Safety in all Health Policies auf der Grundlage des Nationalen Plans der Patientensicherheit – das wären Airbags und Knautschzonen in der Medizin für Patientinnen und Patienten und für unsere Mitarbeitenden. Das können wir uns nicht nur leisten, das müssen wir uns leisten!
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler – aber Systeme dürfen sie nicht verstärken. Systeme müssen schützen! Das Gesundheitssystem muss schützen!
Dr. Andrea Grebe
Bei einem unerwünschten Ereignis ist es wichtig, alle an einen Tisch und ein umfassendes Bild zu bekommen, angemessen mit Patientinnen und Patienten, Angehörigen, den Kolleginnen und Kollegen, der Öffentlichkeit zu kommunizieren und reagieren zu können. Aus Fehlern zu lernen, ist dann der nächste Schritt.
Die Erkenntnis, dass nicht eine einzige Person ursächlich ist, sondern das Zusammenwirken menschlicher Fehler mit einem komplexen Geflecht aus Handlungen und Interaktionen, Prozessen, Teambeziehungen, Kommunikation, menschlichem Verhalten, Technologie, Organisationskultur, Regeln und Richtlinien sowie der Art des Arbeitsumfeldes, ist unstrittig und deckt sich mit meiner langjährigen Erfahrung aus vielen Fall-Analysen.
In erster Linie dient Patientensicherheit dem Patienten, der Patientin. Der Leitsatz „primum non nocere“ – zuerst nicht schaden – gilt seit jeher als oberstes Gebot ärztlichen Handelns, als berufsethisch, und entspricht dem Selbstverständnis aller Gesundheitsberufe.
Die vier Punkte der Prinzipienethik sind Autonomie, nicht schaden, wohltun und Gerechtigkeit. Sie bieten einen ethischen Rahmen, der meiner Ansicht nach direkt zur Patientensicherheit beiträgt.
Eine ethisch fundierte Arzt-Patienten-Kommunikation und -Beziehung verbessert das gegenseitige Verständnis und erhöht das Vertrauen. Misslungene Kommunikation ist aus meiner Erfahrung eine der Hauptursachen für sicherheitsrelevante Ereignisse.
Auch wenn der größte anzunehmende Unfall eingetreten ist, ist nach meiner Erfahrung die Kommunikation mit den Betroffenen der entscheidende Faktor – in erster Linie natürlich mit den Patient:innen und Angehörigen, aber auch mit dem Team usw. Dies kann in Simulationen und Trainings geübt werden.
Jeder, der schon einmal in ein schweres unerwünschtes Ereigniss involviert war, weiß um die persönliche Betroffenheit. Der Begriff des Second Victim trifft dies im Kern. Das Angebot einer entsprechenden Unterstützung, eines neutralen Gesprächspartners, Seelsorgers, Psychologen, einzeln oder im Team, sollte selbstverständlich sein.
Patientensicherheit ist Mitarbeitersicherheit!
Verantwortungsübernahme statt Schuldzuweisung, Transparenz gegenüber Patient:innen und institutionelles Lernen – in diesem Zusammenhang kommt den Führungskräften bis zur höchsten Spitze eine hohe Verantwortung zu. Nur wenn sie glaubhaft diese Werte vermitteln, wird es gelingen, eine Fehlerkultur zu etablieren.
Dr. Hartwig Bauer (vorgetragen von Dr. Günther Jonitz)
Fehler sind meist keine Frage von individueller Fahrlässigkeit, sondern von fehleranfälligen Systemen. Das Ziel ist, Systeme so zu gestalten, dass sie Fehler verhindern, nicht Schuldige zu suchen.
Die Strategie, die das APS von Anfang an betrieben hat, ist 2019 zur Kernempfehlung der World Health Assembly geworden. Die anderen Länder haben begriffen, dass sie mit Zentralinstitutionen das Thema Patientensicherheit nicht richtig gangbar bekommen.
Dr. Gerhard Schillinger
Im Jahr 2000 war die Sicherheitskultur in Deutschland noch anders: Wenn ein Fehler passierte, dann suchte, fand und bestrafte man denjenigen, der schuld war. Man vertuschte deshalb möglichst, wenn etwas passiert war, und das führte dazu, dass derselbe Fehler immer wieder passierte. (…) Dafür steht das APS ein, dass so etwas nicht mehr passieren sollte in Deutschland.
Man kann Fehler verhindern, wenn man an mehreren Stellen eine Sicherheitskultur einbaut.
Die Struktur des Aktionsbündnisses war einzigartig: Wir tun gemeinsam etwas für Patientensicherheit. Wir suchen keinen Schuldigen, sondern wir suchen gemeinsam nach Lösungen, um die Sicherheitskultur zu verbessern. Das kennzeichnet die Arbeit des APS bis heute.
Das APS hat einen Kulturwandel erreicht. Die Arbeit des APS dient in erster Linien den Patientinnen und Patienten, aber sie dient auch weiteren. Denn wenn ein Fehler passiert, ist er teuer, verursacht Kosten.
Dr. Peter Bobbert
Das APS hat es geschafft, die Thematik Patientensicherheit nicht nur aufs Tableau zu bringen in Gesellschaft und Politik, sondern sie auch zu unterfüttern, damit sie so bearbeitet wird, wie wir es heute kennen.
Es geht nicht nur um Patientensicherheit im Sinne von primum nihil nocere, wir dürfen den Patient:innen nicht schaden als oberstes Gebot. Wir sind auch verpflichtet, einen Rahmen zu bieten in der Medizin, eine Sicherheitskultur zu schaffen. Und die schafft nicht nur eine Profession, die schaffen nur mehrere Professionen. Medizin funktioniert nur gut im Team. Es hat das APS in den vergangenen 20 Jahren ausgezeichnet, dass man professionsübergreifend gearbeitet hat, um eine solche Sicherheitskultur aufzubauen.
Das Gesundheitswesen verändert sich tagtäglich. Eins bleibt aus meiner Sicht immer fest, zumindest noch, der Leitsatz: Der Mensch muss im Mittelpunkt unserer Medizin und im Gesundheitswesen stehen.
Man würde sich wünschen, dass in vielen politischen Entscheidungen das immer auch ein Grundsatz ist, an den gedacht wird: Der Faktor Mensch ist Medizin und ist Patientensicherheit. Wenn man das nicht miteinander verbindet, dann begeht man einen Fehler. Bei all den Veränderungen, die gerade politisch geschehen, sollte das mehr in den Vordergrund rücken.
Wir brauchen im Krankenhaus eine klare Reform. (…) Ich sehe das Anpassungsgesetz nicht als eine Verbesserung, sondern eine notwendige Form, um richtige Schritte zu gehen. Auch wenn es noch nicht die vollständigen Schritte sind.
Wir brauchen gute Arbeitsbedingungen in allen Bereichen, ambulant und stationär. Deshalb besorgt es uns manchmal, dass Themen politisch so gehandhabt werden wie jetzt. Zum Beispiel bei der Diskussion um die Arbeitszeithöchstgrenzen. Man spricht von Flexibilisierung der Arbeitszeithöchstgrenzen, wir sprechen von einer Hochstufung. Höhere Arbeitszeiten führen nicht zu Patientensicherheit, weil es nicht zu Mitarbeitendensicherheit führt. Die aktuellen Regelungen sind in dieser Form richtig, Verbesserungen und Anpassungen sind an dieser Stelle definitiv nicht notwendig.
Der Mensch im Mittelpunkt der Medizin, unseres Gesundheitswesens, davon abgeleitet eine Sicherheitskultur, die in einer hohen Patientensicherheit mündet – das ist die Aufgabe. Das bleibt stets das Ziel.
Hedwig François-Kettner
Viel haben wir erreicht im Aktionsbündnis in den 20 Jahren. Ich erinnere an die Aktion Saubere Hände, ich erinnere an den Welttag für Patientensicherheit, den wir mit initiiert haben. Ich erinnere an zahlreiche Handlungsempfehlungen in den Arbeitsgruppen, die von den Profis und von den Patienten erarbeitet wurden.
Unsere Patienten konnten mitwirken an Checklisten, aber auch an guten Informationen, die inhaltlich auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind.
Wir haben noch viel vor im Aktionsbündnis. Und dafür brauchen wir weiterhin sehr viel Unterstützung – sowohl durch Organisationen als auch durch viele, viele Menschen.
Dr. Brigitte Ettl
Wir legen in Österreich besonderen Wert darauf, dass unsere Projekte umgesetzt werden. Das ist in Österreich natürlich leichter als in Deutschland aufgrund der Größe.
Der Kulturwandel spielt eine große Rolle für den Erfolg unserer Arbeit: Wir haben viel investiert in Informationen, bei den letzten Projekten vor allem in die Breite. Wir haben gelernt, dass wir von Beginn an viel Knowhow in die Kommunikation investieren müssen.
Bei den vielen Projekten und Ideen, die man hat, sollte man immer schon von Beginn an die Implementierung, an die Verbreitung denken. Die Kommunikation ist ein gleichwertiger Teil bei jedem Projekt.
In Österreich haben wir eine neue Patientensicherheitsstrategie 3.0. Es braucht gesetzliche Rahmenbedingungen, damit es nicht nur ein Papier bleibt.
Prof. Dr. Angelika Eggert
Patientensicherheit ruht auf mindestens zwei Säulen: Die eine Säule liegt in der Verantwortung der Universitätsmedizin der großen Krankenhäuser, jeder Institution im Gesundheitswesen. Diese Säule ist eine ausgesprochen gute Fehlerkultur und Sicherheitskultur, und diese Kultur muss essenziell mitten in der Unternehmenskultur verortet sein. Aufgabe eines Vorstandes ist es, diese Fehlerkultur in die Mitte der Unternehmenskultur zu setzen und den Mitarbeitenden die Sicherheit zu geben, dass es erlaubt und erwünscht ist, über Fehler zu sprechen, ein Feedback-System zu haben. In diesem Punkt sehe ich Patient Safety nicht gefährdet, denn das ist unsere Aufgabe.
Ich sehe Patientensicherheit gefährdet bei der Finanzierungsfrage. Wir brauchen große Qualitätsmanagement-Abteilungen, Audits, Trainings der Mitarbeitenden – das fällt alles nicht vom Himmel. Wer bezahlt das, und wie kommen wir an diese Finanzierung?
Wir brauchen klare gesetzliche Vorgaben für die erforderlichen Maßnahmen zur Patientensicherheitssicherung und ihrer Finanzierung.
Franz Knieps
Es macht natürlich Sinn, Patientensicherheit bei den Indikatoren für ein gutes Gesundheitssystem zu verankern. Es macht natürlich Sinn, darüber nachzudenken, in den Einleitungsvorschriften zum SGB 5 das Thema Sicherheit zu verankern. Wir brauchen die ausdrückliche Erwähnung!
Was wir nicht brauchen: dass der Gesetzgeber eine bestimmte Art des Vertragstypus vorgibt. Was wir nicht brauchen: eine Verpflichtung, Berichte zu schreiben, Dokumentation noch weiter zu ergänzen, Vertragstypen vorzuschreiben. Es kann in der Region A etwas völlig anderes zielführend sein mit den Träger B als in der Region C mit den Trägern D, E und F. Diese Flexibilität sollten wir uns erlauben.
Die Vorrangigkeit des Prinzips Patientensicherheit normativ im SBG 5 zu verankern, würde ich sehr befürworten.
Wir haben nicht zu wenig Geld im deutschen Gesundheitswesen, es wird nur falsch verteilt!
Wir haben ausreichend Geld für eine gute Versorgung. Wir geben nur sehr viel für Ineffizienzen aus, wir geben sehr viel Geld an den Schnittstellen aus, wir geben sehr viel Geld für Überflüssiges aus, wir geben sehr viel Geld für qualitativ Schlechtes aus. Das müssen wir abstellen, dann bleibt Geld für das qualitativ Gute übrig.
Wir brauchen Umschichtungen von Finanzmitteln, müssen an die Details der Krankenhausfinanzierung gehen.
Die digitale Transformation des Gesundheitswesens bringt ganz neue Herausforderungen für die Rechte und die Möglichkeiten der Patienten mit sich. Sie werden bisher wenig in den Blick genommen, sie müssen aber in den Blick genommen werden. Speziell vor dem Hintergrund, dass der Koalitionsvertrag eine Art digitales Assessment vorsieht, bevor man überhaupt einem Arzt, eine Pflegekraft sehen wird.
Cordula Mühr
Was gerade rund um die Krankenhausreform passiert, ist nicht mehr patientenzentriert. Wir nehmen mit Entsetzen wahr, wie alles, was die Krankenhausreform mal versucht hat in den Mittelpunkt zu stellen, um Qualität zu steigern und die Strukturen darum aufzubauen, massiv zurückgefahren wird. Qualität spielt keine Rolle mehr!
Wir sind entsetzt, dass Bundesländer sich trauen, gegen die Mindestmenge von Frühchen zu klagen!
Es ist Aufgabe der Gesundheitspolitik, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die Patientensicherheit gewährleisten.
Wenn man wirklich Patientenzentrierung erreichen will, muss sich im Bereich der Qualitätssicherung etwas ändern, und dafür brauchen wir das Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss.
Es muss dringend wieder Vertrauen ins Gesundheitssystem hergestellt werden. Sorgen sie für Rahmenbedingungen, die für einen gerechten Zugang zur Versorgung und eine gerechte Versorgung sorgen!
Christine Vogler
Wenn wir über Patientensicherheit sprechen, müssen wir dahin gehen, wo die Menschen versorgt werden. Wir müssen die Bedingungen für die Menschen, die im System arbeiten, so sicher machen, dass sie sicher arbeiten können.
Aus der Perspektive der Pflege ist die Ressource der Patientensicherheit, die durch pflegerische Versorgung entstehen kann, noch niemals gehoben worden in Deutschland. Weil die Handlungsautonomie der Pflege noch niemals greifen konnte, weil wir ein arztzentriertes System haben. Handlungsautonomie liegt in Deutschland beim Arzt und kann in der Verantwortung nicht abgegeben werden.
Die Pflege in Deutschland ist auf einem Bildungsniveau stehengeblieben, die ihr nicht angemessen ist im internationalen Kontext. Wir brauchen hochschulqualifizierte Pflegefachpersonen, wir brauchen Pflegefachassistenten, wir brauchen ausgebildete Pflegekräfte in einem angemessenen Verhältnis, damit Patientensicherheit überhaupt strukturell verankert werden kann. Dafür brauchen wir den Gesetzgeber, dafür brauchen wir Strukturen. Damit das Kultur werden kann, brauchen wir ganz klare Vorgaben.
Zur Patientensicherheit in der Zukunft gehört die vernünftige Aufteilung der Handlungsautonomie, nicht nur zwischen Pflege und Arzt oder Ärztin, sondern auch in den Therapieberufen.
Wir müssen dafür sorgen, dass vernünftige Bildungsstrukturen gelebt werden.
Wir haben in Deutschland für die Therapie- und Pflegeberufe keine Fortbildungsverpflichtung. Das ist peinlich!
Die Pflege braucht Mitspracherecht im Gesundheitswesen, Handlungsautonomie und angemessene Personalausstattung. Dafür braucht es gesetzliche Vorgaben.
Dr. Thilo Grüning
Wir brauchen in Deutschland Forschung zur Patientensicherheit, nicht nur das Wissen aus anderen Ländern, das nach Deutschland überführt und angepasst werden müsste.
Das Thema Patientensicherheit hat in den Krankenhäusern einen sehr hohen Stellenwert, aber einen Stellenwert mit einer mittelfristigen bzw. langfristigen Perspektive. Wenn die Hütte brennt, die Zahlen rot sind, das Personal nicht gefunden wird, existenzielle Bedrohungen erlebt werden, dann verschiebt sich das Thema auf nächste Woche.
Die demographische Entwicklung zeigt, dass die Zahl der Patienten zunehmen und gleichzeitig der Fachkräftemangel schlimmer wird. Die Diskrepanz zwischen denen, die versorgt werden müssen und denen, die bereit sind zu versorgen, wird im Moment eher größer werden. Patientensicherheit ist dadurch automatisch at risk.
APS-Generalsekretär Joachim Maurice Mielert
Jede Arena, die eine gute Stimmung und einen Spirit hat, braucht eine Fankurve. Patientensicherheit muss die von der Patientenschaft getragene Fankurve in der Gesundheitswirtschaft sein.
Die Transformation, die uns in der Gesundheitswirtschaft bevor steht, die Reformstrukturen, die hier angedacht sind, und die standardisierten Finanzstrukturen erfordern neue Denkschulen – auch im Sinne von Patientensicherheit.
Der originäre Zweck des Aktionsbündnisses ist es, einen Spirit zu schaffen für den Transport einer neuen Denkschule in der Digitalisierung, mit Künstlicher Intelligenz und Modulen, die wir vor einigen Jahren noch gar nicht kannten.
Ohne eine normative Grundstruktur, ohne die Einbindung der Patientensicherheit in die Sozialrechtsprechung werden wir nicht hinkommen.


