Welttag der Patientensicherheit 2025: Expert:innen fordern mehr Schutz für Kinder

Pressemeldung

Berlin, den 15. September 2025

Die Sicherheit von Kindern im Gesundheitssystem muss oberste Priorität haben. Das fordern das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS), die KKH Kaufmännische Krankenkasse und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) anlässlich des Welttags der Patientensicherheit am 17. September. Eine aktuelle forsa-Umfrage zeigt eine wachsende Verunsicherung bei Eltern, während Expert:innen systematische Verbesserungen in der Kindermedizin anmahnen.

Unter dem Motto „Patientensicherheit von Kind an – eine Investition fürs Leben“ richtet das APS in diesem Jahr den Fokus auf die besonders vulnerable Gruppe der Kinder und Neugeborenen. Die Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind alarmierend: Bis zu 70 Prozent der schweren unerwünschten Ereignisse bei Neugeborenen wären durch konsequente Sicherheitsprotokolle vermeidbar. Mangelnde Teamkommunikation verdreifacht laut WHO das Risiko für Schäden im Neugeborenenalter. Bei fast 40 Prozent schwerer Komplikationen gibt es Stunden zuvor erkennbare Warnzeichen – die nur rechtzeitig gesehen und richtig gedeutet werden müssen.

„Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Dieser Satz ist mehr als eine medizinische Binsenweisheit, er ist ein Auftrag“, betont Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende des APS. Die Versorgung müsse Alter, Größe, Entwicklung und sprachliche Fähigkeiten der jungen Patient:innen berücksichtigen. Dabei spielen Eltern eine zentrale Rolle: Sie fungieren als Brücke zwischen Behandlungsteam und Kind und nehmen oft Veränderungen wahr, die dem medizinischen Personal entgehen könnten. „Da sollten wir genau hinhören“, so Hecker.

Kindermedizin als Stiefkind der Gesundheitspolitik

Die strukturellen Probleme der Kindermedizin werden seit Jahren vernachlässigt. Dr. Christian Deindl, stellvertretender APS-Vorsitzender und Kinderchirurg, kritisiert die ungerechte Verteilung von Ressourcen im Gesundheitssystem. Kindermedizin bedeute Zuwendung und Empathie und benötige entsprechende zeitliche und personelle Ressourcen. In den ersten Lebensjahren fallen zwar relativ hohe Gesundheitskosten für Vorsorgeuntersuchungen und Impfprogramme an, doch der ökonomische und gesellschaftliche Nutzen zeige sich erst im späteren Erwachsenenleben. „Eine sichere Gesundheitsversorgung von Säuglingen, Klein- und Schulkindern sowie Jugendlichen erfordert altersabhängige fachliche Schwerpunkte und Expertisen“, erklärt Deindl.

Wachsende Ängste bei Eltern

Gleichzeitig wächst die Verunsicherung bei Eltern, wie eine repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der KKH zeigt. Aktuell äußert ein Viertel der befragten 1.006 Eltern von Kindern bis zu 12 Jahren (26 Prozent) Ängste bezüglich eines Krankenhausaufenthalts ihres Kindes – 2021 waren es noch 19 Prozent. „In erster Linie fürchten 77 Prozent der besorgten Eltern eine Infektion mit Krankenhauskeimen“, erläutert Vijitha Sanjivkumar, Expertin für Kindergesundheit im Kompetenzteam Medizin der KKH. Jeweils knapp zwei Drittel sorgen sich vor notwendigen erneuten Operationen oder Narkosekomplikationen. Dabei würden immerhin 73 Prozent aller Befragten den Ärzt:innen im Krankenhaus vertrauen.

Die KKH-Expertin plädiert für eine Kommunikation auf Augenhöhe: Verbindliche Informationen, gemeinsame Entscheidungsfindungen sowie altersgerechte Sprache seien essenziell. Wenn Eltern und Kinder verstehen, warum welche Therapie notwendig ist, steige die Bereitschaft zur Mitarbeit erheblich.

Krankenhausreform gefährdet Kinderversorgung

Prof. Dr. Ursula Felderhoff-Müser, Präsidentin der DGKJ, warnt eindringlich vor den Folgen der geplanten Krankenhausreform: „Die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen geraten zunehmend aus dem Fokus gesundheitspolitischer Entscheidungen.“ Die Versorgung von Kindern sei komplex und erfordere besondere Expertise vom ersten Lebenstag an. Eine Umsetzung des aktuellen Reformentwurfs für das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) würde die spezialisierte pädiatrische Versorgung gefährden – mit gravierenden Folgen für Patient:innen und ihre Familien.

Paradigmenwechsel gefordert

Joachim Maurice Mielert, Generalsekretär des APS, fordert einen fundamentalen Systemwandel: „Wir brauchen nicht nur eine Reform, sondern einen Paradigmenwechsel.“ Der Patient müsse in den Mittelpunkt gestellt und Patientensicherheit als Rechtsnorm verankert werden. Bislang scheue die Politik diesen Schritt aus Furcht vor steigenden Haftungsrisiken und höheren Kosten. Dabei würde eine gesetzliche Verankerung den Übergang von einer politischen Programmatik zu einem justiziablen Anspruch bedeuten – und genau das sei überfällig.

Konkrete Maßnahmen für mehr Sicherheit

Das APS, die KKH und die DGKJ haben klare Vorstellungen, wie die Patientensicherheit in der Kindermedizin verbessert werden kann: Standardisierte Checklisten, doppelte Kontrollen bei Medikamentengaben, gewichtsbasiertes Dosieren und pädiatrische Datenbanken in der elektronischen Verordnung sind nur einige der geforderten Maßnahmen. Auch die Etablierung einer „Speak-Up-Kultur“ sei zentral: Hierarchien dürften das Ansprechen von Bedenken nicht verhindern – weder bei jungen Kolleg:innen noch bei Eltern.

Die Expert:innen sind sich einig: Eine Investition in die sichere medizinische Versorgung von Kindern ist eine Investition in die Zukunft der gesamten Gesellschaft. 

Über das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS)
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) e.V. wurde 2005 mit dem Ziel der Verbesserung der Patientensicherheit in Deutschland gegründet. Als gemeinnütziger Verein setzt es sich für eine sichere Gesundheitsversorgung ein und widmet sich der Erforschung, Entwicklung und Verbreitung dazu geeigneter Methoden.

Über die KKH Kaufmännische Krankenkasse
Mit rund 1,5 Millionen Versicherten zählt die KKH Kaufmännische Krankenkasse als eine der größten bundesweiten Krankenkassen zu den leistungsstarken Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung.

Über die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft der Kinder- und Jugendärzt:innen in Deutschland mit über 20.500 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung von wissenschaftlichen und fachlichen Belangen der Kinder- und Jugendmedizin und die optimale ambulante und stationäre medizinische Versorgung der Kinder und Jugendlichen in Deutschland.

Kontakt beim Aktionsbündnis Patientensicherheit:
Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V.
Alte Jakobstraße 81
10179 Berlin
Tel. +49 (0)30 36 42 81 6-10
presse@aps-ev.de
www.aps-ev.de

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner