Presse

08.05.2023

Stellungnahme des Aktionsbündnis Patientensicherheit zur Novellierung des Patientenrechtegesetzes

Das vor zehn Jahren verabschiedete Patientenrechtegesetz (Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten – PatRG) war ein Meilenstein bei der Durchsetzung von Rechten der Behandelten gegenüber dem medizinischen Personal und den Kliniken. Die verpflichtende Herstellung von Datentransparenz und die Einholung informierter Entscheidungen zum Therapieverlauf hat Patient:innen eine aktive und selbstbestimmte Rolle zugebilligt. Ihre Position gegenüber den Ärzt:innen und anderen Gesundheitsfachkräften wurde durch einen eigenen Vertrag gestärkt. Nach nunmehr zehnjährigen Erfahrung sind jedoch auch die Defizite des Gesundheitssystem sichtbar, die Patient:innen weiterhin in der Wahrnehmung ihrer Rechte beeinträchtigen und einer Reduzierung von Behandlungsfehlern entgegenstehen. Die Novellierung des Patientenrechtegesetzes muss daher die aktive Rolle und Einbeziehung der Patientenperspektive im Behandlungsverlauf stärken und die Behandelten in der Wahrnehmung ihrer Rechte weiter ermächtigen. Dazu gehört ein erleichterter Zugang zu Entschädigungen nach erlittenen Behandlungsfehlern. Zugleich muss das Gesetz verpflichtende Regelungen einführen, mit denen Behandlungsfehler zukünftig strukturell reduziert werden.

 

An der Erhöhung der Patientensicherheit durch systematische Qualitätsentwicklungen im Gesundheitssystem arbeitet das APS seit seiner Gründung im Jahr 2005. Auf Grundlage dieser Expertise folgt der Leitgedanke: Prävention vor Kompensation, denn jeder nicht erlittene Schaden spart Geld und intangible Kosten bei den betroffenen Patient:innen, ihrem sozialen Umfeld und den verantwortlichen medizinischen Fachkräften.

 

Aus Fehlern lernen statt sie tabuisieren

 

Das Prinzip „Aus Fehlern lernen“ und der Ansatz „Aus der Praxis für die Praxis“ sind die wesentlichen Leitlinien des APS, aus denen die Maßnahmen zur Erhöhung der Patientensicherheit abgeleitet werden. Beide implizieren einen überindividuellen Ansatz, der Fehler nicht primär bei einzelnen Personen wie Ärzt:innen, Pflegekräften, Hebammen, Pharmazeut:innen verortet, sondern die Strukturen und Bedingungen adressiert, in und unter denen Patient:innen versorgt werden. Das PatRG war
ein wichtiger Schritt für die Wahrnehmung der Patientenrechte bei der Mitbestimmung der Behandlung und der Entschädigung für erlittene Schäden. Der Logik des Haftungsrechts geschuldet fokussiert das Gesetz auf individuellem Fehlverhalten von medizinischen Fachkräften, das jeweils gutachterlich geprüft und bewiesen werden muss. Dieser Ansatz impliziert dabei zugleich Fehlerfreiheit als Norm und Behandlungsfehler als davon abweichendes subjektiv schuldhaftes Fehlverhalten.

 

Strukturell begünstigende Ursachen von Fehlern adressieren

 

Überall, wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht. Die Medizin ist davon nicht ausgenommen. Fehler passieren z.B. bei der Diagnose, der Medikation, der Übergabe, bei Operationen oder beim Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung. Sie können schwerwiegende Schäden bis hin zu Tod auslösen. Selten geschehen sie aus Fahrlässigkeit, sondern sind zumeist Folgen von systemisch-organisatorischen Defiziten.

 

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